|
Was ist eine "Seifenkiste" ? Eine Seifenkiste ist ein
kleines Fahrzeug mit vier Rädern aber ohne Motor. Die Kiste fährt
schnell, wenn die Strasse steil ist und langsam, wenn die Strasse flach
ist. So einfach ist das. Alles was der Pilot tun kann ist lenken und bremsen,
aber nicht beschleunigen. Zuviel gebremst ist verloren. Das macht das
ganze recht schwierig und interessant.
Warum der Name "Seifenkiste" ? Nun, es begann etwa so:
Da waren Kinder, die wollten ein Rennauto bauen. Sie hatten nur eine alte
Seifenkiste (eben eine Holzkiste, in der Seife gelagert wurde) und die
vier Räder vom alten Kinderwagen. Sie bauten die Räder an die
Kiste und fuhren die nächstgelegene Steigung herunter. Es begann
wirklich sehr einfach. Doch eine heutige "Renn-Seifenkiste"
hat damit fast gar nichts mehr zu tun, sondern ist viel mehr ein high-tech
Renngerät.
|
|
Wie begann es für mich ? Mein "Götti" (Pate),
er ist übrigens Maschinenzeichner, hatte für seinen Sohn eine
Seifenkiste konstruiert. Im Renneinsatz waren aber die Erfolge noch spärlich.
1989, als ich gerade mal 9 Jahre alt war, fragte er mich darum für
einen Test an. Weil ich an diesem ersten Test schneller war als sein Sohn,
wurde ich logischerweise für ein Jahr "verpflichtet".
Ich bekam eine Lizenz für die damalige "Schweizermeisterschaft".
Zwei 2. Plätze waren die besten Resultate im Einstiegsjahr, in der
Endabrechung war ich fünfter.
Die Seifenkiste hat ein Holzchassis und eine einfache, grüne Carosserie
("British Racing Green"). Scheibenbremsen an den Hinterrädern
sorgen für die nötige Verzögerung.
Die Aufhängungen mussten wärend der Saison meinem Fahrstil angepasst
(verstärkt!) werden...
|
|
Für die nächste Saison (1990) bekam ich meine eigene Seifenkiste.
Ein total neues Modell mit vielen Verbesserungen. Die augenfälligste
Änderung war natürlich die Grösse, ich wuchs schliesslich
noch. Ich gewann meine ersten Rennen und wurde schliesslich zweiter in
der Schweizermeisterschaft. Die neue Seifenkiste bewährte sich sehr
gut und war bestimmt eine der schnellsten im ganzen Feld.
Mein Bruder fuhr mit dem Prototyp meiner Kiste ebenfalls eine Saison,
hatte aber in seiner Alterskategorie wesentlich mehr Konkurrenz.
Meine Seifenkiste (Übername "Macy") hatte neue Schweibenbremsen
an beiden Hinterrädern sowie robustere Aufhängungen und Felgen.
Das Chassis ist immer noch aus Holz, jetzt aber vorne und hinten mit Hilfsrahmen
aus Metall verstärkt. Die Karosserie hat einen Styroporkern, verstärkt
mit Epoxydharz und Glasfaserverstärkten Polyestermatten.
|
|
Saison 1991. Die Seifenkiste ist anfangs ausser ein paar Details die
gleiche. In der Mitte der Saison bauten mein Götti und mein Vater
neue, wesentlich kleinere Kugellager ein, um einen kleineren Rollwiderstand
zu erreichen. Die Felgen sind nun austauschbar.
Ich gewann viele Rennen in der Schweizermeisterschaft und wurde schliesslich
Schweizer Meister in meiner Kategorie. Das war ein toller Erfolg.
Dieses Jahr besuchten wir zum ersten Mal die Europameisterschaft in Berau
(Deutschland). Ich wurde überraschend zweiter und war danach so ziemlich
die Sensation in unserem Seifenkisten Club. Die Europameisterschaft war
das erste schnelle Rennen, ich denke wir fuhren um die 65 km/h.
Danke an Stefan Rufer für das tolle Foto.
|
|
1992. Ich kam in eine höhere Alterskategorie mit viel
mehr Konkurrenz. Es war eine harte und schlechte Saison. In der Schweizermeisterschaft
war ich unter den ersten Zehn, den genauen Platz weiss ich nicht mehr.
Die Seifenkiste wurde nur im Gewicht verändert. Wir testeten während
dieser Saison neue Reifen. |
|
Für 1993 bauten wir eine total neue Seifenkiste. Etwas
kürzer musste sie werden, wegen den vielen Slalomrennen in der Schweiz.
Denn für Slalom muss eine Seifenkiste wendig und daher nicht zu lang
sein. Die Carosserie ist ebenfalls eine Neukonstruktion nach bewährter
Technik aber mit besserer Aerodynamik. Neu ist der Frontflügel. Dieser
aber nicht aus aerodynamischen Gründen, sondern damit keine Slalom
Pilonen zwischen Nase und Aufhängung hängen bleiben.
Die Saison war nicht besonders gut für mich, weil ich wohl nicht schnell
genug fuhr und weil die Seifenkiste noch einige Kinderkrankheiten hatte.
Weil es noch andere Seifenkisten Clubs in der Schweiz gibt, ändert
der Name der Meisterschaft: Berner Meisterschaft und nicht mehr Schweizer
Meisterschaft. |
|
1994 war die Saison mit dem knappsten Ausgang, der nur möglich ist.
Ich wurde um mikrige 0.01 Sekunden zweiter.
Das ging folgendermassen: Am Rennen von Meiringen wurde ich um 0.01 Sekunden
zweiter. Durch diese 0.01 Sekunden verlor ich 3 Punkte. Am Ende der Saison
hatte ich einen einzigen Punkt Rückstand auf den Gewinner. Verdammt
knapp und verdammt ärgerlich !!! Schliesslich wollte ich gewinnen.
Die Seifenkiste wurde nur leicht verbessert. Wir bauten wesentlich breitere
Felgen, die besser für die neuen Reifen, für die Barum Slicks
aus Tschechien, geeignet sind.
In diesem Jahr nahm ich an der Europameisterschaft in Tschechien teil.
Das Rennen war für unsere Verhältnisse sehr schnell (um die
75 km/h) und die Konkurrenz sehr, sehr, sehr hart. Die Tschechen waren
einfach besser als wir !!! Ich wurde etwa 15. an der Europameisterschaft.
In diesem Jahr war auch die bisher einmalige "Seifenkisten Weltmeisterschaft"
in Berau, Deutschland. Ich wurde vierter in diesem Rennen. Man muss aber
bedenken, dass dort wesentlich weniger Teilnehmer als an der Europameisterschaft
waren. Es war halt nicht ein wirklich offizielle "Weltmeisterschaft".
Danke an Heinz Leuenberger für das Foto.
|
|
Für die 1995er Saison bauten wir eine technisch total neue Seifenkiste.
Sie schaut aus wie die alte, ausser der Karosserie hat aber praktisch
alles geändert. Neu sind hydraulische Scheibenbremsen (Sachs PowerDisc)
an allen vier Rädern. Diese wichtige Neuerung erlaubt wesentlich
kürzere Bremswege auch bei hohen Geschwindigkeiten oder sogar in
Kurven. Neu sind auch die speziellen, sehr kleinen Kugellager von RMB,
die den Rollwiderstand noch einmal verkleinern. Zur Information: RMB ist
eine Schweizer Firma, die sich auf Präzisions-Kugellager spezialisiert
hat. Vor Beginn der Saison testeten wir sehr viel, wesentlich mehr als
in den letzten Jahren.
Das erste Rennen der Saison begann schlecht: Ich hatte schlug bei einer
Schikane an und ein Teil der Lenkung brach. Ich kam noch ins Ziel, aber
mit einer sehr schlechten Zeit. Es sah also nicht nach einem Sieg aus.
Der Kollege von RMB hatte das mitbekommen und versuchte mich mit folgender
Wette zu motivieren: "Wenn Du das Rennen trotzdem gewinnst, bekommst
Du einen Satz Kugellager gratis". Abgemacht, wir haben gewettet und
ich hab natürlich gewonnen !!! Wie ? Ganz einfach: Der Fahrer vor
mir hatte einen richtig grossen Unfall, so dass er nicht weiterfahren
konnte. Somit war meine Zeitmessung ungültig und ich durfte meinen
Lauf widerholen. Meine Seifenkiste war schnell repariert und ich fuhr
noch schnell Bestzeit. Ja, so ging das...
Oh ja, ich gewann die Berner Meisterschaft und wurde vierter in der Schweizer
Meisterschaft. Die Schweizer Meisterschaft ist jetzt eine wirkliche Schweizer
Meisterschaft, ausgetragen an zwei Rennen zusammen mit anderen Schweizer
Clubs.
Etwa in der Mitte der Saison hatte ich einen Trainingsunfall: Wir testeten
schnellen Slalom. Ich war etwas zu schnell, schlug Quer zur Strasse mit
dem Unterboden auf einem Grasrand auf und überschlug mich dann zweimal
mit mittlerer Geschwindigkeit. An der Seifenkiste war so ziemlich alles
verbogen und die Karosserie verkratzt (siehe oberes Foto). Ich blieb glücklicherweise
fast unverletzt. Von da an verwendeten wir immer Sicherheitsgurten.
Wir nahmen auch wieder an der Europameisterschaft in Grenoble, Frankreich,
teil. Das Rennen war schnell, so um die 80km/h waren es schon. Im letzen
Rennlauf hatte ich einen ziemlichen Unfall und schlug mit wohl etwa 60km/h
in die Strohballen ein. Die Seifenkiste wieder stark beschädigt,
ich unverletzt. Dieser Unfall hat mich noch lange geärgert, weil
ich dadurch einen fast sicheren Podestplatz verloren habe. Ich wurde schliesslich
vierter.
Danke an den offiziellen Fotograf für das tolle Foto der Europameisterschaft.
|
|
Saison 1996. Die Carosserie wurde aufgrund der zahlreichen
Unfälle im vorderen Jahr (no risc no result!) neu lackiert. Änderungen
im Design der Karosserie. Neuer Helm.
Ich gewann mit riesigem Vorsprung die Berner Meisterschaft, gewann fast
jedes Rennen. In der Schweizer Meisterschaft wurde ich zweiter hinter dem
Europameister aus einem anderen Schweizer Club. Es lief wirklich toll in
diesem Jahr.
Ich und unser ganzer Club blieben diesem Jahr der Europameisterschaft fern.
Der Grund dafür war die viel zu gefährliche Strecke (über
6km lang, Geschwindigkeiten bis 100km/h). Im Jahr zuvor gab es anlässlich
der "Hauptprobe der Europameisterschaft" dort einen schweren Unfall
mit schlimmen Folgen. |
|
1997. Die letzte Saison in dieser Kategorie. An der Seifenkiste
hat sich nicht viel geändert, nur ein paar Details. Ich gewann wie
im Jahr zuvor die Berner Meisterschaft mit respektablem Vorsprung. An der
Schweizermeisterschaft wurde ich auch wieder zweiter, hinter dem gleichen
Fahrer wie im Vorjahr. Diesen Typ vermochte ich nicht zu schlagen !
Die Europameisterschaft fand dieses Jahr in der Slowakei statt. Es war eine
lange, kurvenreiche Strecke und es war nass, sehr nass. Es hat dort draussen
tatsächlich jeden Tag in strömen geregnet !! Ich wurde 6. in diesem
Rennen. Die Plazierung ist OK, schliesslich hatten die meisten dort eine
viel bessere Aerodynamik und voll gefederte Seifenkisten. Ja, die Technik
macht grosse Fortschritte !
Danke an Martin Lehmann für das Super Photo. |
|
1998. Ich fuhr nicht mehr jedes Rennen der Berner Meisterschaft und konzentrierte
mich auf die Schweizer Meisterschaft. Diese gewann ich auch, allerdings
bei geringer Konkurrenz.
Die Seifenkiste änderte nur im Gewicht.
Danke an Alwin Maeder für das Photo. |
|
Anlässlich des zweiten Laufes der Schweizer Meisterschaft 1998 experimentierte
ich wieder einmal mit der Aerodynamik und fuhr ohne Frontflügel. |